Geschichte(n) vom Förderverein Esche-Museum e.V.
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Firma Carl Götze Oberfrohna
1880In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der Zeit des industriellen Aufschwungs im Limbacher Land, begann Herr Carl Götze mit seiner Verlobten Frau Selma Auguste Schleise am 3. September 1880 in Oberfrohna Stoffhandschuhe herzustellen. Die ersten Fabrikationen des noch recht jungen Unternehmens fanden im elterlichen, sogenannten Promenadenhaus auf dem Promenadenweg 3 in Oberfrohna, ihre Unterkunft. Am 1.11.1880 heiratete Carl Götze seine Braut Selma Auguste. Als Hochzeitsgabe konnte ein Arbeitsauftrag über 500 Dutzend Handschuhe einer Chemnitzer Firma entgegen genommen werden. Ab jetzt wurde unermüdlich geschafft und „dabei das Hochzeitsfest fast vergessen“. Durch die hochwertige Qualität stieg der Absatz der Handschuhe rasant. Somit wurden die Räumlichkeiten im elterlichen Haus bald zu eng und man mietete Räume bei einem Verwandten, namens August Müller, Ecke Bergstraße und ehemalige Hauptstraße in Oberfrohna.
Bild 1: Firmengründer Carl Götze
Bild 1: Firmengründer Carl Götze
Bild 2: Wohnhaus
Bild 2: Wohnhaus
Bild 3: Altbau
Bild 3: Altbau
Bild 4: Kettenwirkmaschinen
Bild 4: Kettenwirkmaschinen
Bild 5: Maschinenhaus
Bild 5: Maschinenhaus
Bild 6: Straßenansicht 1925
Bild 6: Straßenansicht 1925
Bild 7: Die Marke Sternkreuz
Bild 7: Die Marke Sternkreuz
Bild 8: Firmengebäude im Winter in den 60er Jahren
Bild 8: Firmengebäude im Winter in den 60er Jahren
Bild 9: Firma Carl Götze 1992
Bild 9: Firma Carl Götze 1992
1885Die weiterhin positive Fortentwicklung des Betriebes führte dazu, dass 1885 ein eigenes Wohnahaus gebaut werden konnte. Doch bevor es zum Hausbau kommen konnte, musste Carl Götze eine Baubedingung erfüllen. Er sollte das Stück Straße bis zu seinem Grundstück selbst bauen lassen, was für ihn ein Zeichen der Missgunst war. Verschiedene Einwohner Oberfrohnas schlugen vor, als Ausgleich die Straße mit dem Vornamen des ersten Erbauers zu versehen. Die Karlstraße trägt den Namen ihres Erbauers noch heute. Im Erdgeschoss des Hauses waren Näherei und Zuschneiderei untergebracht. Die Stoffe für die Produkte wurden in Heimarbeit von Wirkern gegen Lohn hergestellt.
1893Im Jahr 1893 wurde ein weiteres Gebäude errichtet, später als „Altbau“ bezeichnet. Im Erdgeschoss fanden eigene Wirkmaschinen ihren Platz, während der Boden zum Spannen der Stoffe genutzt wurde. Durch kräftiges Werben im Freundes- und Bekanntenkreis, fanden sich auch rasch tüchtige Mitarbeiter.
1907Das 1893 errichtete Gebäude konnte bald aufgestockt werden. 1907 wurde der Betrieb durch einen Anbau erweitert, den sogenannten „Mittelbau“.
1913Im Oktober 1913 trat der Sohn des Firmengründers, Fritz Götze, eines der sechs Kinder von Carl Götze, in den Betrieb ein. Mit Begeisterung und Jugendkraft widmete er sich der technischen Abteilung des Betriebes. Außerdem sollte sein Bruder, Karl Götze, die kaufmännische Abteilung leiten.
1914Doch 1914 brach das Unglück des ersten Weltkrieges über Deutschland herein. Der auf den Export nach England und den Vereinigten Staaten von Amerika angewiesene Betrieb musste schnell verkleinert werden. Zum Kriegsende hatte die Zahl der Beschäftigten fast den Nullpunkt erreicht.
1918Darum musste nach Kriegsende 1918 ein neuer Anfang gefunden werden. Zu den durch den Krieg verursachten Schäden kam hinzu, dass seit 1914 Karl Götze, einer der Söhne von Carl Götze, vermisst wurde und die unermüdliche Mitarbeiterin und Ehefrau des Vaters, Selma Auguste, 1918 gestorben war. Das Anlaufen des Betriebes nach dem Kriege nahm viel Zeit und Mühe aller Beteiligten in Anspruch.
1921Dennoch ist 1921 ein weiteres Nebengebäude mit Garagen für Automobile errichtet worden.
1922Ein Jahr später, 1922, wurde ein großer Anbau fertigstellt, der sogenannte „Neubau“.
1924Im Zusammenhang mit dem „Neubau“ wurde 1924 auch, das sogenannte „Maschinenhaus“ errichtet, in dem Wohnungen für Betriebsangehörige entstanden. Außerdem befanden sich 2 Garagen, die Kohleheizung für den Betrieb sowie ein Dieselgenerator zur Stromerzeugung in dem Gebäude. Als Kohlebunker wurde ein großer Teil des unterkellerten Hofes genutzt.
1930Seit Ende des Jahres 1930 waren Aufträge für die Handschuhindustrie nur noch zu Verlustpreisen zu erhalten. Deshalb wurde der Betrieb von Handschuhen - Auslandsmarkt - Großhandel umgestellt auf Wäsche - Inlandshandel - Einzelhandel. Es wurde praktisch ein vollkommen neuer Betrieb organisiert. Auch diese Umstellung kostete viel Zeit und Kraft. Jedoch die Voraussetzungen für einen neuen Aufstieg der Firma waren geschaffen. Bald wuchs die Produktion erneut und konnte mit dem Bedarf kaum Schritt halten, darum wurde rasch wieder in Schichten gearbeitet.
1931Im März 1931 verstarb der Firmengründer Carl Götze. Die richtigen Erzeugnisse sowie auch die sehr gute Qualität der Waren trugen wesentlich dazu bei, dass sich die Nachfrage und auch der Absatz fortwährend erhöhte.
1936Seit 1936 vermarktete der Betrieb sein Sortiment unter dem Namen Sternkreuz. Dieser Name geht auf die Damenschlüpfer zurück, der Zwickel der Damenschlüpfer hatte hierbei die Form eines Sterns. Die Zwickel wurden in der Entstehungszeit dieser Bezeichnung noch Hosenkreuz genannt. Somit bilden Sternzwickel und Hosenkreuz - Sternkreuz.
1938Im Jahr 1938 bestand der firmeneigene Maschinenpark aus 8 Milanesestühlen, 13 Kettenwirkmaschinen, 15 Fangkettenstühlen, 10 Schärmaschinen und circa 500 Nähmaschinen. Die richtigen Erzeugnisse sowie auch die sehr gute Qualität der Waren trugen wesentlich dazu bei, dass sich die Nachfrage und auch der Absatz fortwährend erhöhten.
1939So war die Lage bis 1939, als ein erneuter Krieg entbrannte. In Kriegszeiten wurde die Produktion stark verringert. Die Belegschaft war zu einem kleinen Häuflein zusammengeschmolzen und somit konnte der Betrieb auch diesen Krieg überstehen.
1944Im September 1944 organisierte die Betriebsleitung ein großes Fest für die gesamte Belegschaft im Jahnhaus.
1945Ab März 1945 begann die Aufnahme der Teilherstellung eines kriegswichtigen Artikels - Gasmasken. Dieser Auftrag wurde in den Firmenunterlagen mit „vertraulich“ oder „sehr vertraulich“ gekennzeichnet.
19461946 schreib Fritz Götze einen Brief an die Militärkommandatur zu Limbach:
„Mein Betrieb arbeitet zu 100% für die Reparationen und ist auf den Hauptproduktionsmaschinen mit drei Schichten beschäftigt. Durch diese Arbeitszeit fallen große Mengen Ware an, die von der Belegschaft nur unter Aufbietung aller Kräfte in dem 5 Geschosse hohem Fabrikgebäude bewegt werden können. Um die Arbeitsleistung für die Reparationslieferung zu erhöhen und den Transport der Waren für die Belegschaft zu erleichtern - besonders unter der gegenwärtigen Lebensmittelknappheit - soll der Einbau des Aufzuges sofort vorgenommen werden.“
1947Das Schreiben hatte Erfolg, und im Jahr 1947 wurde ein Aufzug gebaut und in Betrieb genommen.
1949Im Jahr 1949 ersetzte man für das Fabrikationsgebäude die Kohleheizung im „Maschinenhaus“ durch eine damals moderne Heizung. Sie war nach Angaben des Urenkels des Firmengründers die erste ihrer Zeit in Oberfrohna. Zur besseren Unterbringung des Fuhrparks wurde Ende der 50-er Jahre eine große Doppelgarage im Gartengrundstück errichtet.
1948Am 1. Januar 1948 erfolgte die Umwandlung zur Kommanditgesellschaft. Fortan zierte der Schriftzug „Carl Götze“ das Betriebsgebäude auf der Oberfrohnaer Karlstraße.
1960Als Folge der Umstellung des Oberfrohnaer Stromnetzes von Gleichspannung auf Wechselspannung entstand Anfang der 60-er Jahre eine betriebseigene Transformatorenstation auf dem Betriebsgelände. Zahlreiche Anlagen und Maschinen mussten umgerüstet werden.
1962Im März 1962 war Fritz Götze, außerhalb des Betriebes zu einer Besprechung eingeladen worden. Der gesundheitlich stark angeschlagene Herr verstarb noch auf dem Weg zum Treffen. Zum selben Zeitpunkt blieb daheim seine goldene Taschenuhr stehen. Nach seinem Ableben übernahm Herr Günther Voigt die Betriebsleitung. Er und seine Frau Christa Voigt, Tochter von Fritz Götze, brachten frischen Wind in die alten Säle des Betriebes. Die Voigts sanierten und vor allem modernisierten den Betrieb, so zum Beispiel gestalteten sie die Produktionsarbeitsplätze um und verbesserten die Arbeitsbedingungen, unter anderem wurde eine moderne Telefonanlage installiert, neues Geschirr für die Werkküche erworben und auch der Fuhrpark wurde durch Neuanschaffungen bereichert und aufgestockt. Das waren ein PKW Wolga, ein PKW Wartburg Combi, ein Kleintransporter Barkas und ein LKW Robur. Mitte der 60-er Jahre wurde die vorhandene Ölheizung modernisiert. Die drei Heizkessel wurden mit neuer Technik ausgestattet, außerdem ein Schornstein neu errichtet.
1963Der auf hochmodische Damen- und Nachtwäsche spezialisierte Betrieb exportierte 1963 50% seiner Gesamtproduktion. Durch den Einsatz von Gewirkekontrollgeräten und Flusenwächtern an den „Favorit“ - Maschinen wurde die Qualität der Milanesegewirke erheblich verbessert und damit die Produktivität des Betriebes gesteigert. Noch im selben Jahr erhielt der Betrieb 12 mal das Gütezeichen „Q“, denn schon immer haben nur Erzeugnisse bester Qualität die Firma verlassen. Zur Leipziger Messe präsentierte sich die Firma über mehrere Jahre mit Exponaten und neuesten Mode-Trends.
1968Am 1. Januar 1968 übernahm der Betrieb die ehemalige Firma Emil Müller in Hartmannsdorf. Im Werk II war die erweiterte Näherei untergebracht. Die eleganten Produkte der Firma sollten natürlich auch der städtischen Bevölkerung vorgeführt werden, so fand Mitte der 60-er Jahre eine Modenschau im Vereinsheim des Freibades Mietsgarten statt.
1972Im Zuge der Zwangsverstaatlichung 1972 wurde die Carl Götze KG zum VEB Sternkreuz umgewandelt. Unter dieser Bezeichnung wurde einst das Wäschesortiment des Betriebes vermarktet.
1974Schon zwei Jahre später, 1974, verlor der Betrieb seine Eigenständigkeit. Fuhrpark, Stoffherstellung, Absatz, Musterabteilung und Zuschneiderei wurden demontiert und somit auch zahlreiche Maschinen verschrottet. Der ehemals eigenständige Betrieb wurde zur Produktionsabteilung 4.3 des VEB Feinwäsche „Bruno Freitag“. Günther Voigt trat aus gesundheitlichen Gründen von der Betriebsleitung zurück und arbeitete fortan im VEB Artiseda.
1990Nach der Wende, am 19. Juli 1990 wurde der Antrag auf Reprivatisierung des Betriebes durch die ehemaligen Eigentümer erfolgreich gestellt. Die Firma wurde aus dem Gewerberegister gelöscht. Einer weiteren eventuell auch zweckentfremdeten Verwertung der teilweise entkernten Gebäudesubstanz einschließlich des Grundstücks stand somit nichts mehr im Wege.
VerfasserMarvin Müller

Die Informationen zur Heimat- und Industriegeschichte der Region Limbach sind von Mitgliedern des Fördervereins gesammelt und für die Besucher des Esche-Museums aufbereitet worden. Das Internetangebot umfasst nur eine Auswahl von Beiträgen und soll Anregung sein, sich bei einem Besuch des Esche-Museums vor Ort eingehender zu informieren.

Hinweise und geeignete Dokumente zum angesprochenen Themenkreis nehmen wir jederzeit gern entgegen.

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